Buchtipp: Gently Radical von Fabian Freytag

21. August 2024

Fabian Freytags Welt des Interior Designs

Was erzählt man am besten über ein Buch, das einen in verschiedenste Welten und unterschiedlichste Stile mitnimmt? Wie ein Buch beschreiben, das eine einzigartige Sinnenreise ist? Denn Fabian Freytag hat ein solches Werk geschaffen. In „Gently Radical“, erschienen im Callwey-Verlag, behandelt er das Thema Interior Design, gibt dabei einen tiefen Einblick in sein Fühlen, Denken, Leben – und natürlich in seine Arbeit. Aber das Buch bietet noch mehr: Es ist ein unterhaltsames, lehrreiches und vor Energie sprühendes Kompendium der guten Lebensart.

„Das Leben ist nicht schön. Man muss es sich schön machen“

Dieses Statement von Fabian Freytag überrascht – und gleichzeitig auch nicht. In jedem Fall versinnbildlicht es seine Haltung zu seinem Beruf. 1984 in Hamburg in eine Familie von Architektinnen und Architekten hineingeboren, kam er schon früh mit der Welt des Gestaltens in Berührung. 2012 gründete er in Berlin ein Studio, das Wohn-Konzepte erstellt und sich als Schnittstelle zwischen Architektur, Kunst, Design versteht. „Ich habe immer daran geglaubt, dass unsere Lebensräume unsere Persönlichkeit, unsere Wünsche und unsere Eigenschaften widerspiegeln sollten. Sie sollten eine Leinwand für unsere Vorstellungen, eine Oase des Egos und eine Bühne für unsere Geschichten sein.“

 

Heute gehört Fabian Freytag zu den Top 100 der Interior Designer Deutschlands. In seinem Buch teilt er seine Sichtweisen auf so unterhaltsame Weise, dass man ihn am besten selbst erzählen lässt:

 

Wie entsteht gute Innenarchitektur?

„Das Zauberwort heißt Inspiration. Für mich beginnt es mit dem Wahrnehmen des Umfeldes und der Reflexion, was einen bestimmten Raum ausmacht. Welche Atmosphäre entsteht wie und warum? Meine Inspiration kommt aus Orten, die es schon ewig gibt. Grandhotels, Restaurants, Ausstellungen. Es ist wichtig, sich viel anzuschauen und sich auf das zu fokussieren, was Bauchkribbeln auslöst. Hat man einmal dieses Gefühl erst gefunden, ist es einfach, danach Möbel und Materialien auszuwählen.“

Natürlich – Fabian Freytag fällt Einrichten leicht, schließlich ist er Profi. Aber man kann sich etwas von ihm abschauen: Beim Wohnraum-Gestalten verfolgt er immer eine klare Konzeptidee und orientiert sich dabei gern an besonderen Orten. Er kennt viele und in „Gently Radical“ können wir mit ihm dorthin reisen. Können Venedig, das Reid’s Palace in Madeira, das Café Sénéquier in St. Tropez oder die Milan Design Week mit seinen Augen sehen. Es ist immer ein ungewöhnlicher Blick. Man erfährt viel dabei und wird von seinen Traumbildern entführt: „Möbel und ihre Geschichten im Kopf stattfinden zu lassen ist sehr unterhaltsam und führt zu der Fähigkeit, routiniert Design-Entscheidungen treffen zu können. Man wird mit Stilsicherheit belohnt.“

Natürlich erwartet man von einem Buch, das aus der Feder eines der wichtigsten Interior Designer Deutschlands stammt, nicht nur schöne Inspirationen, sondern auch praktische Hilfestellung. Im nächsten Teil macht uns Fabian Freytag deshalb mit seinen Einrichtungs-Regeln bekannt.

Expect the unexpected

Also – was braucht es, um sich gut einzurichten? Fabian Freitag beginnt erstmal mit kleinen Provokationen: „Zuviel des Guten ist grossartig.“ und „Basta Minimalismo. Man sollte nicht der Fremdkörper seiner eigenen Einrichtung sein.“.

Danach behandelt er ganz spielerisch so grundlegende Themen wie Grundrisse, Stauraum oder Lichtplanung. Auch dem Thema Designermöbel ist ein Abschnitt gewidmet. Hier wiederum findet er: Weniger ist mehr. Bekennt sich aber dazu, dass „die LC 4 von Cassina mein Leben maßgeblich beeinflusst. Dieses Meisterwerk von Le Corbusier hat mir vor Augen geführt, dass manche Klassiker zurecht bis heute in ihrer ursprünglichen Form produziert werden – sie ist in ihrer Funktion einfach unübertroffen.“

Seine Aussagen machen neugierig auf die konkrete Umsetzung, sprich: bildliche Beispiele. Aber so ein Werk einfach mit normalen Fotos bestücken? Das geht bei Fabian Freytag natürlich nicht und so besteht ein Großteil des Buches aus opulenten Collagen. Sie bringen eine eigene Ästhetik mit, die das Buch prägen und ihm eine künstlerische Attitude verleihen. Gleichzeitig kann Fabian Freytag so mitreißend erzählen, dass beim Lesen unwillkürlich eigene Bilder im Kopf entstehen.

 

Die Fotoschau beginnt

Erst in einem späteren Teil dürfen wir dann die eigene Wohnung von Fabian Freytag betreten und erfahren, wie er sie (um)gestaltet hat. Spannend! Das Ganze präsentiert sich als anregende Vorher-Nachher-Show. Und wird begleitet von der Erklärung, wie es zu allem kam. Denn wie sollte es bei Fabian Freytag anders sein? Inspiration war ein Spaziergang in Italien rund um Portofino. „Die Farbwelt aus pastellen Häuserfassaden, Grün und Brauntönen des Waldes mit grauen Felsen hat mich gefesselt.

Dazwischen immer wieder Ausblicke auf das Meer, in dem die Spiegelungen der Sonne wie kleine Blitze tanzen. Zurück in Berlin wollte ich dieses Gefühl unbedingt festhalten.“ Von Küche und Wohnraum, über Schlaf- und Gästezimmer, bis Flur und Bad ist die gesamte Umgestaltung zu sehen, sogar der Dachterrasse ist ein Abschnitt gewidmet. Die Einrichtungs-Maximen sind dabei in kleine Anekdoten oder Geschichten verpackt.

Im letzten Abschnitt des Buches begegnen einem schließlich noch mehrere Fabian Freytag Projekte, sowie ein Wohn-Konzept, das mit Hilfe von KI erstellt worden ist. Logischerweise ist Fabian Freytag dafür offen, hat keine Berührungsängste mit der neuen Technik, sondern begreift sie als gegenwärtige gestalterische Möglichkeit, die es zu nutzen gilt.

 

Das Wesentliche in Kürze

Aber kommen wir wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, schließlich stellt Fabian Freytag in all seinen Ausführungen auch handfeste Einrichtungs-Richtlinien auf, die weiterhelfen. Einige haben wir stellvertretend hier zusammengefasst:

  • Starke Orte sind eine gute Grundlage für Konzepte.
  • Jeder Raum braucht einen Mittelpunkt.
  • Bei Farben gilt es, Mut zu beweisen und gleichzeitig klare Regeln zu befolgen. Kleine Räume dunkel, mittelgroße Räume in Mitteltönen, große Räume in einer hellen Farbwelt halten.
  • Möbel aussortieren, die keine Emotionen auslösen. ,Nur Praktisches’ ist langweilig.
  • Ein guter Lichtplan folgt der Regel der drei P: Privat – Putzen – Party. Diese drei Aspekte sollten im Gleichgewicht stehen.
  • Ehrliche Materialien werden mit der Zeit schöner.
  • Mut macht’s. Dem Konzept bis ins Letzte folgen.

 

Unser Resümee

„Gently Radical“ ist ein außergewöhnliches Buch: Es bietet viel Inhalt, verpackt in opulente Gestaltung. Ein Buch wie eine kleine Abenteuerreise, die Lust auf das Erkunden der eigenen Wohn-Sehnsüchte und Vorstellungen macht. Wir wünschen viel Spaß beim Entdecken!

 

Mehr Infos zu dem Callwey-Buch gibt es hier.

Bilder 1,2,4,5: Fabian Freytag; Bild Nr. 3: Wolfgang Stahr und Kozy Studio