Kartell & Ferruccio Laviani: Eine 30-jährige Zusammenarbeit

28. März 2022

Der Designer im Interview

Er ist Architekt und gilt als Meister des Leuchten-Designs – Ferruccio Laviani. Seit 1991 ist er Art Director bei Kartell und entwickelte die Marke maßgeblich weiter: Mit der von ihm designten FL/Y Pendelleuchte nahm Kartell Leuchten überhaupt erst in ihr Portfolio mit auf. Seitdem kreierte er eine Reihe von Bestsellern, die auch in Dauerausstellungen berühmter internationaler Museen zu finden sind.

Wir haben mit dem Designer gesprochen – über seine Kooperation mit Kartell, seine Interpretation von Erfolg und an was er gerade arbeitet.

Designer Ferruccio Laviani

Lieber Herr Laviani, Sie bezeichnen Kartell als ihr zweites Zuhause. Was verbindet Sie so stark mit der Marke?

Ich arbeite seit 31 Jahren mit Kartell zusammen. Wir haben seitdem ein wöchentliches Meeting und wenn man auf all die Jahre zurückblickt, die ich in dem Unternehmen verbracht habe, könnte man sagen, das ist mein zweiter Wohnsitz. Aber das ist natürlich als Scherz gemeint. Was jedoch Fakt ist: Wir haben die Marke Kartell zusammen entwickelt und in eine neue Richtung gelenkt. Ich war noch sehr jung und unerfahren, als ich bei Kartell angefangen habe. Claudio Luti hat mir immer vertraut. Und ich betrachte es bis heute nicht als selbstverständlich, dass einem jungen Designer so viel Verantwortung übertragen wird. Dafür bin ich sehr dankbar! Deshalb ist Kartell ein wichtiger Teil meines Lebens und eben irgendwie wie mein zweites Zuhause.

Von der Bourgie Tischleuchte bis zur FL/Y Pendelleuchte – Sie haben eine Reihe von Bestsellern für Kartell designt. Die Bourgie hat einen Platz in der Dauerausstellung des Indianapolis Museum of Art in den USA.

 

Was bedeutet dieser Erfolg für Sie persönlich?

Darauf bin ich natürlich stolz, aber es ist nicht so, dass ich mich dadurch berühmt fühle. Mein Job ist es, Projekte für Unternehmen umzusetzen. Ein neues Produkt zu launchen ist immer ein Risiko für eine Marke. Wenn sich das Produkt nicht gut verkauft, ist es ein ziemlicher Flop für das Unternehmen. Also versuche ich das Risiko möglichst klein zu halten. Wenn das Produkt gut ankommt, dann ist danach natürlich mehr Budget für weitere Entwürfe da. Und wenn eines meiner Produkte seinen Platz im Museum findet, dann heißt das für mich, ich habe verstanden, was der Kunde möchte.

 

Wie verstehen Sie genau, was der Kunde will?

Da geht es letztendlich um Begehren, um Emotionen – der Kunde muss das Produkt lieben. Denn dann möchte er es haben. Wieso sollte er noch eine neue Leuchte oder einen neuen Tisch wollen? Die Menschen haben ja an sich alles, was sie brauchen. Die Kunst ist, sie aufmerksam auf Neues zu machen. Wenn sie am Schaufenster vorbei gehen, das Produkt sehen und denken: Das will ich haben…!

Es gibt außerdem einen besonderen Moment, in dem ich merke, dass ich erfolgreich bin: Wenn ich abends spazieren gehe, dann kann ich oft wunderbar in das Zuhause der Menschen gucken. (lacht) Und glauben Sie mir, die FL/Y Leuchte ist gut zu erkennen, weil sie bunt ist. Wenn ich die Leuchte dort also hängen sehe, merke ich, dass mein Werk das Leben von anderen Menschen bereichert. Es ist zum Teil ihres Lebens geworden – und das ist wunderschön!

Sie arbeiten besonders gerne mit Kunststoff. Was fasziniert Sie besonders an diesem Material?

Jeder redet über Nachhaltigkeit. Und es ist sehr gut, dass darüber gesprochen wird. Was ich noch besser finde: Weniger darüber reden, sondern einfach ausprobieren. Plastik kann ein Material sein, das einfach weggeworfen wird und zu Müll wird. Wenn ich dagegen die FL/Y aus Plastik designe, dann ist sie robust und hält für eine lange Zeit. Kartell recycelt Plastik bereits seit dem Jahr 1993. Wir haben viel experimentiert!

Die Struktur von Plastik hat sich im Laufe der Jahre verändert. Damals hätten wir keinen Stuhl daraus machen können. Es war nicht elastisch genug, das Möbelstück hätte auseinanderbrechen können. Seit ein paar Jahren hat sich jedoch viel getan: Plastik wurde robuster, hat eine höhere Qualität. Die Technologie, mit Plastik zu arbeiten, hat sich ebenso weiterentwickelt. Man kann neue und andere Dinge ausprobieren. Das finde ich spannend!

 

Geben Sie uns gerne einen Einblick hinter die Kulissen: An welchem Design für Kartell arbeiten Sie gerade?

Wir arbeiten an einer neuen Tischleuchte. Das wird die neue „Take“, wenn man es so sagen will. Der erste Entwurf der Take liegt lange zurück. Dazu gehen wir kurz an den Anfang meiner Karriere bei Kartell zurück: Für unseren farblosen Stand auf einer Messe designte ich die bunte FL/Y Leuchte und sie kam sofort super an. Daraus entstand dann das Budget für eine neue Leuchte, die mit Spritzguß-Technik hergestellt wurde: Die Take. Das war damals.

Heute geht es bei den Designs um Strukturen und wie man Material sparen kann. Das ist ein langer Prozess, wir arbeiten schon seit rund drei Jahren daran. Das Design muss frisch und neu sein.

Außerdem muss der Preis einer solchen Leuchte stimmen: Die Leute sollen es sich leisten können. Ich bin mir relativ sicher, dass wir die neue Take auf der nächsten Messe vorstellen werden!

 

Vielen Dank, Ferruccio Laviani, für das interessante Gespräch und Ihre Zeit!

 

Interview: Laurie Hilbig